04. März 2017
LAHR. Dialektsprecher schwören drauf: Echte Gefühle lassen sich am
besten in der Mundart ausdrücken. Denn das dahingeflüsterte und außerdem
selten zu hörende „I mog di“ klinge allemal schöner als „Ich liebe
dich“. Wendelinus Wurth und Gertrudis Weiß hatten am Samstagabend im
Hugsweirer Koffer noch viele weitere Liebeserklärungen dabei.
Offensichtliche und eher versteckte, handfeste und zarte.
Dass die Schmetterlinge im Bauch sich in langjährigen Beziehungen schon
mal schlafen legen, nach längerer – und anfangs gar genossener –
Abwesenheit des Partners aber wieder erwachen können, das beschreibt
Claudia Ramsteiner in einem Gedicht. Doch das war schon der zweite Teil
des Abends, der, in dem „es scho ebs gwore isch mit dr Liabi“.
Anfangs zitierten Wurth und Weiß die für junge Leute kaum mehr
nachvollziehbaren Schwierigkeiten, wie man früher zueinander finden
musste: Am Kammerfenster um Einlass betteln, beim Waldspaziergang vor
Aufregung kaum ein Wort herausbringen. Die meisten, aber nicht alle
Autoren, deren Gedichte vorgetragen werden, sind ältere Semester, die
ihre Jugenderinnerungen verarbeiten. Natürlich kommt auch Johann Peter
Hebel zu Wort mit dem „Hexlein“ und der Liebesgeschichte zwischen „Hans
und Verene“, aber auch viele andere Mundart-Autoren aus Schwaben und
Baden, unter anderem Hermann Burte, Richard Gäng, Markus-Manfred und
Gerhard Jung, Stefan Pflaum oder Sebastian Blau.
Wurth zitiert auch eigene Werke wie die Erinnerung an eine besondere
Walpurgisnacht. Gertrudis Weiß, die selbst nicht schreibt, sondern seit
einigen Jahren als Rezitatorin auftritt, trägt vor allem Gedichte von
Autorinnen wie Doris Oswald und Rosemarie Banholzer vor, und hat auch
den Schwäbischen Zungenschlag im Repertoire.
Doch es geht nicht nur um die gelungene Liebe, sondern auch um
Abnutzungserscheinungen – „Mir hond schon lang kei updating meh gmacht“ –
und das gelegentliche Genießen von Auszeiten von der Zweisamkeit –
„Komme, mei Schätzle, komme brauchsch nit“. Überraschende Bilder fallen
den Mundart-Autoren ein, die schon mal einen Kuss mit dem Geschmack von
„Hefezopf mit Gsälz“ (Marmelade) vergleichen. Und wer hätte gedacht,
dass der Vorschlag „mitenander spaare“ als schwäbischer Heiratsantrag zu
werten ist?
Wendelinus Wurth aus Gutach in der Ortenau ist Mitherausgeber der 2009
im Drey-Verlag erschienenen Anthologie „mag di mog di mig di –
Alemannische Liebesgedichte“, der die meisten der vorgetragenen Gedichte
entnommen wurden.
Juliana Eiland-Jung