18. März 2017
Gerd Birsner und seine Band Grenzfreakwenz brachten bei ihrem Auftritt im „Koffer“ den Kulturkeller zum Wackeln.
Von Hagen Späth
LAHR-HUGSWEIER. Prächtige Stimmung hat am vergangenen Samstag nach zwei Stunden swingender Musik, tollen Solis und einem Gerd Birsner in Hochform im gut gefüllten Kulturkeller geherrscht. Die vier gestandenen Herren auf der Bühne hatten Spaß und das Publikum auch. Und weil man in „Hugs“-weier war und der Mann an der Trompete gute Freunde im englischsprachigen Raum hat, gab es nach der Pause „free hugs“ (Umarmungen) für alle.
Als einen der Höhepunkte im Programm des „Koffers“, der in diesem
Jahr sein 15-jähriges Bestehen feiert, hat der Verein Gerd Birsner und
seine derzeitige Band „Grenzfreakwenz“ (wahlweise auch Gränzfräquänz
geschrieben) eingeladen. Birsner, seit über 40 Jahren Vollblutmusiker,
Mundartdichter, Moderator, Verleger und zeitweise auch
Kommunalpolitiker, hatte den früheren Oberbürgermeister von Kehl,
Günther Petry, am Cello dabei, Rüdiger Beermann an Trompete und
Percussions sowie Ekki Streit an Viola und E-Gitarre. „Auf den Tag genau
vor zehn Jahren und vor genau 21 Kilogramm war ich zuletzt hier“,
begrüßt Gerd Birsner augenzwinkernd sein Publikum.
Das leichte Mehrgewicht hielt den energiegeladenen Musiker jedoch nicht
davon ab, hin und wieder zu einem Luftsprung abzuheben, sodass man ein
wenig Sorge haben musste, dass er nicht mit seiner Gitarre die doch
recht niedrige Decke im Kulturkeller durchstößt. Birsner kann aufdrehen.
Er kann aber auch ganz nachdenklich und behutsam sein, wie mit einem
Stück, das er Johann Peter Hebel gewidmet hat: „Er war schuld, dass auch
ich auf Badisch und Alemannisch anfing zu dichten.“ In die ruhigere
Kategorie gehört auch das musikalisch harmonische Stück, das er den
Kindern dieser Welt widmet: „Kinder, die wunderbarsten Wunder dieser
Welt.“ Birsner singt und reimt über „d’Schwooba“ und auch über
„d’Schnooga“, immer mit einem Schmunzeln um die Lippen, einem Wortspiel,
einem Reim, auch wenn der manchmal – bewusst – holpert.
Immer wieder streut Gerd Birsner kleine Geschichten, Anekdoten und
Episoden ein. Sein Publikum einzubeziehen, zu Zwischenrufen anzuregen
oder mitzusingen, das ist für ihn überhaupt kein Problem. Zu seinen
Lieblingsthemen gehören die Regionen links und rechts des Rheins, das
badische Land und insbesondere „Diersche, die Perle des Hanauerlandes“:
Diersheim, wo er wohnt, wo er 20 Jahre lang „Ortsrumsteher“ war, wie er
immer sagt, und wo er seinen Hit „Wenn de Babbe mit de Schlabbe in de
Rabbe dabbe duut“ verortete – das Gasthaus Rappen liegt 35 Meter von
seinem Haus entfernt. Den alten Hit hat er ausgebaut, verortet ihn in
verschiedenen Regionen der Welt, von Österreich mit der Melodie des
Kufstein-Lieds bis hin nach Peking mit fernöstlichen Klängen.
Aus dem melodiösen „You’ve got a friend“ von Carole King wird bei dem
durch die nächtliche Kehler Innenstadt ziehenden hungrigen Mann „Yufka,
my friend“. Und aus Elvis Presleys „In the Ghetto“ wird bei ihm „Isch dr
Gerd do“. Zwei Zugaben, der Koffer wackelt.
-FOTO: Heidi Fössel-